Die Gemeinwohlökonomie (GWÖ) – als alternatives Wirtschaftsmodell zur aktuellen liberalen Marktwirtschaft gedacht. Der Service Gärtner hat sich mit dem Thema intensiv auseinandergesetzt und möchte einen Einblick geben in die Thematik: Worum geht’s, wir sind wir dazu gekommen, wie sind unsere Erfahrungen damit und was hat es uns gebracht.
Worum geht’s – ein kleiner Einblick in die Gemeinwohlökonomie
Die Gemeinwohl-Ökonomie stellt ein alternatives Wirtschaftsmodell dar. Sie ist auf gemeinwohlfördernden Werten aufgebaut und unterstützt Veränderungen, die in diese Richtung gehen. Diese Werte sind unter anderem Nachhaltigkeit, Fairness, Demokratie. Es geht weg von der Rücksichtslosigkeit, der Gier usw.. Ziel ist ein gutes Leben für alle Lebewesen und die Erde.
Sie gilt nicht nur für Unternehmen, Schulen, Vereine und Gemeinden, auch als Privater kann man sehr viel zum Gemeinwohl beitragen. Es gibt beispielsweise einen Gemeinwohl-Selbsttest für jeden einzelnen von uns. In allen Gruppen wird bewertet welchen Beitrag man für sein Umfeld, die Umwelt und drgl (das Gemeinwohl) leistet bzw. wie Gemeinwohl fühlt man sich.
Auf verschiedenen Ebenen werden Impulse gesetzt bzw wird gearbeitet: wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich.
Wirtschaft: Gültig ist das Modell für alle, egal ob Unternehmen, Gemeinde oder Schule, egal wie groß diese sind oder welche Rechtsform sie haben.
Politik: rechtliche Veränderungen für entsprechendes Wirtschaftssystem. Ziel: Es geht um Standards in Menschenwürde, globale Fairness, Solidarität mit den anderen, Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Mitbestimmung.
Gesellschaft: Bewusstseinsbildung für die Änderung des Systems – gemeinsam, wertschätzend, gibt Hoffnung und Mut, sucht Vernetzung mit weitern ähnlichen Initiativen.
Anhand der sogenannten Gemeinwohl-Matrix sieht man, wie die Werte der Gemeinwohlökonomie im Alltag als Unternehmer gelebt werden können bzw sollten. Als Betrieb erstellt man eine sogenannte Gemeinwohl-Bilanz oder einen Bericht in dem die Umsetzung der Werte und die Entwicklung aufgezeitgt wird. Man bewertet sich darin selbst (Punktesystem). Nach Abschluß werden Bericht und Bilanz extern überpfrüft und auch veröffentlicht – somit wirds für die Gesellschaft (das Gemeinwohl) bekannt und transparent gemacht. Für den Privatbereich ist das ganze nicht ganz so aufwendig: mit Hilfe einer Excel-Liste sind Fragen zu beantworten (auch ein einfaches Punktesystem), die zu einer Auswertung führen anhand derer man sehen kann wie weit man schon im „WIR-Bewusstsein“ ist. Das Ergebnis regt in jedem Fall zum Nachdenken an!
Langfristiges Ziel der GWÖ ist es, den Gemeinwohlunternehmen besondere rechtliche Vorteile zu gewähren: zB bei Krediten, Steuern, öffentlichen Aufträgen, Handel. Auch geht’s darum das die Gewinne in den Unternehmen bleiben (werden im Idealfall nicht an Externe ausgeschüttet), sie sollen das Unternehmen stärken. Theoretisch soll der Drang zum Wachstum in der Wirtschaft verschwinden. Man wird kreativer und kooperativer, hat ein erfüllteres Leben, das Handeln wird fairer. Wie das in der Praxis aussehen wird werden wir sehen.
Jeder kann seine Ideen zu dieser zukunftsfähigen Wirschaftsordnung einbringen, es wird demokratisch entschieden und schlussendlich in der Verfassung verankert – so der langfristige Plan.
Warum alternativ wirtschaften und wie passts zu uns?
Corporate Social Responsibility (CSR), Umweltschutz, Mitarbeiterförderung, wertschätzender Umgang. Das alles war schon von Anfang an Bestandteil des Service Gärtners. Nach Klimabündnissbetrieb und dem ersten Erdgasauto war das fast der nächste logische Schritt. Inzwischen haben wir eine größere Fuhrparkumstellung hinter uns, im Betrieb das Kopier- und Briefpapier auf umweltfreundlich umgestellt und wir kennen unseren CO2-Ausstoß (Fahrzeuge, Firmenausflüge und Büro) ziemlich genau. Da passt die Gemeinwohl-Ökonomie perfekt, um unser Handeln transparent zu machen.
Unsere Erfahrungen:
Die erste Bilanz oder den ersten Bericht zu erstellen ist auf alle Fälle mal zeitaufwändig. Da geht nix ruck-zuck. Man setzt sich ja mit seinem Unternehmen intensiv auseinder. Es gibt auch ein Handbuch, da drin sind viele Tipps, Erläuterungen zu den Fragen und auch positive Beispiele von Unternehmen die in diesem oder jenen Punkt besonders hervorragend sind. Für jedes Kriterium sind Punkte zu vergeben – das ist schon mal schwierig – wie schätzt man sein Unternehmen ein? Scheinbar ist es so, dass man sich generell eher etwas schlechter einschätzt – stimmt das? Das hängt wohl aber auch vom eigenen Selbstbewusstsein ab 🙂 ! Jedenfalls ist das Punktesystem eher ein Lernprozess: machen und lernen.
Euphorisch wie wir sind wollten wir natürlich gleich mit einer Bilanz starten. Wir haben uns sämtliche Unterlagen runter geladen und mit der Arbeit begonnen. Einige Energiekreis-Treffen, die wir besuchten, haben uns direkt mal Unterstützung gebracht. Erfahrene GWÖler stehen bei diesen mit Rat zu Seite. Das ganze ist allerdings sehr zeitaufwendig und nicht immer passte es in unsern Arbeitsalltag. Daher haben wir auch vieles selbst erarbeitet und sind auf wirklich gute Ergebnisse gekommen. Doch wie es sich zeigte, war das noch nicht genug: Vieles war zu wenig ausgereift, bei manchen hatten wir keine Antwort gefunden, der Beweis fehlte – also wurde das ganze um ein Jahr verschoben (ruhend gelegt), und im Jahr drauf erstmal ein Bericht (die einfache Variante) erstellt, extern geprüft und veröffentlicht. Dieser Bericht gibt schon mal einen schönen Überblick über das was wir tun und natürlich auch wo wir uns verbessern sollten/können. Zwischendurch habe ich das Handbuch durchgearbeitet und mithilfe dessen die Bilanz für 2014 vorbereitet. Es fehlt nicht mehr viel und wir können im Frühjahr nächstes Jahr unsere erste „große“ Bilanz veröffentlichen! Übrigens: Das Buch durchzuarbeiten habe ich persönlich als hilfreichste Möglichkeit empfunden.
Was wir uns noch dachten:
Die GWÖ ist ein Instrument, das wahrscheinlich nicht zu allen Unternehmen passt. Unter den Negativ-Kriterien sind einige interessante Punkte die von manchen Unternehmen viel abverlangen. Beispiel Atomstrom: fällt unter menschenunwürdige Produkte und wird mit -200 Punkten bestraft. Hier muss das Unternehmen extrem in Sicherheit, Gleichberechtigung usw investieren um einen einigermaßen positiven Wert zu bekommen – oder gleich in eine andere Branche wechseln.
Kritische Stimmen zur GWÖ gibt’s zum Glück auch. Ua von der Julius Raab Stiftung: zu finden unter dem Titel: „Anschlag auf unseren Wohlstand ?“ und als weiteres eine kritische Betrachtung von Dr. René Schmidpeter. Sie zeigen uns die negativen Seiten auf die dieses neue Wirtschaftsmodell hat, und auch das einige Ansätze neu überdacht bzw geändert werden sollten – Enteignung ist ein großes Thema, die Beschränkung der Freiheit des Einzelnen ist fragwürdig und auch das Wort Diktatur kommt vor – soweit sollte es natürlich nicht kommen = der Weg ist noch weit.
Was bringt uns die Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz?
In erster Linie ein Sichtbarmachen von dem was wir tun. Intern reden wir ja schon ziemlich viel drüber doch eigentlich wissen das nur wir. Es wäre doch viel interessanter sich mit anderen auszutauschen, Visionen zu teilen und das eigene Handeln transparenter zu machen. (Ist man momentan noch ein Spinner?)
Natürlich zeigt dieses Projekt auch auf wo man sich verbessern sollte/kann. Die Standards in der Matrix sind recht hoch und manchmal seltsam, doch Step by Step kommt man voran. Man muß nicht alles umsetzen würd ich meinen oder gar sofort alles perfekt machen – doch ich denke es sollten sich jährlich Verbesserungen abzeichnen – Jedes Jahr ein Thema anpacken, so kommen wir ans Ziel, denn irgendwie möchte man handeln, sich verbessern.
Hier noch unsere letztgültige Gemeinwohlbilanz für Sie zum Nachlesen.
Stefi Wassermann, GTM
DSG Mondseeland