Was einen Garten zum Biotop für Insekten, kleine Säugetiere und Vögel macht, ist gleichzeitig auch das was uns Menschen guttut. Es ist die Artenvielfalt die durch Nischen, kleine verborgene Plätze, Aussichtspunkte, Nahrungsangebote, Wasser, optisch reizvolle Blickwinkel und angenehme Düfte entsteht. Ein naturnah gestalteter Garten mag auf den ersten Blick arbeitsintensiv sein, tatsächlich ist der Arbeitsaufwand aber geringer und die Biodiversität gleichzeitig hoch. Gartenarbeit mag zwar anstrengend sein, ist aber auf eine naturverbundene Art auch sinnstiftend und mit dem Gefühl verbunden, dass man etwas für sich gemacht hat, sich etwas selbst geschaffen hat.
Insektenfreundlicher Garten, Augenweide und Ruhepol
naturnahe Gartengestaltung | Biodiversität in der Praxis |
Pflanzen für mehr Biodiversität | die (Wild-)Blumenwiese |
Portrait: durchwachsene Silphie | Portrait: die Fledermaus |
Wer einen naturnahen Garten anlegen will kann viel für und zum Erhalt der Artenvielfalt sowohl im Tierreich als auch Pflanzenreich beitragen. Immerhin bedeutet insektenfreundlich auch vogelfreundlich bzw. insgesamt tierfreundlich. Der Nutzen ist also umfassend und nicht nur auf einen kleinen Kreis Lebewesen beschränkt. Selbst wer kein Freund der vielen krabbelnden, fliegenden und springenden Insekten ist und manche lieber nicht im Garten hätte: für viele Vögel und kleine Säugetiere – auch Fledermäuse und Hornissen sind sie die hauptsächlichen Nahrungsquellen.
Naturnahe Gartengestaltung
Gartenplanung unterliegt seit jeher unterschiedlichen Stilrichtungen. Gepflanzt wird was gerade modern ist, was günstig zu haben ist oder dem Anschein nach möglichst pflegeleicht wirkt. Doch Achtung: was auf den ersten Blick pflegeleicht aussieht, wird – um den anfänglichen Zustand aufrecht zu erhalten – zunehmend arbeitsintensiv, das Günstige muss bald ausgetauscht werden und das Moderne gefällt einem vielleicht gar nicht. Bei der naturnahen Gartengestaltung wird auf Bodenbeschaffenheit, klimatische Bedingungen und umliegende Gärten, Wiesen, oder Felder geachtet. Der eigene Garten ist, und ist der Platz noch so eingeschränkt, nützlich. Er bietet vielfältige Lebensräume, Nistplätze, Schutz und Nahrung. Die Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Zusammenhang sind groß und die hohe Biodiversität machen Freude.
- Tipp: Diese Fragen stellen wir uns:
- Wir schauen welchen Platz wir haben und wofür wir ihn hauptsächlich nutzen wollen.
- Welche Standortbedingungen haben wir?
- Sonnenstunden, Verteilung von Licht und Schatten, Erdreich und klimatische Bedingungen.
- Will man lockere oder dichte Bepflanzung?
- Mehr Bäume oder mehr Sträucher, nur Blumen?
- Wo haben große Bäume Platz (Paulownia), um gut wachsen zu können und wieviel Schatten werfen sie in ein paar Jahren?
Das sind lauter Fragen, die man vorab klären sollte. Aber wenn man sich auch noch so bemüht, vieles an Wissen kommt nach und nach, durch praktische Erfahrung.
Biodiversität in der Praxis
Um größtmögliche Naturnähe zu erreichen ist es am einfachsten eine Ecke im Garten verwildern zu lassen. Nicht jäten, nicht mähen, nur wachsen lassen. Gras, Klee, Brennnessel, Gänseblümchen, Braunellen, können zwischen ein paar hübschen Stauden gedeihen.
Winterharte, mehrjährige Stauden (Silphie und Sida), Wildsträucher und einfache Blumen sind besonders bienenfreundlich. Vor allem wenn darauf geachtet wird, dass über die ganze Vegetationsperiode ein vielfältiges Nahrungsangebot zur Verfügung steht, steht der Artenvielfalt nichts mehr im Weg. Die Mischung Frühlingsblumen, Sommerblumen und spätblühenden Pflanzen sorgen für einen reich gedeckten Tisch sowohl bei Pflanzen-u. Samenfressern wie Pollen-u. Nektarsaugern.
Welche Pflanzen für mehr Biodiversität im naturnahen Garten?
Besonders wichtig sind Frühlingsblumen wie Schneeglöckchen, Narzissen, Krokusse, Gänseblümchen, Gelbstern, Schneeglanz und Spätblüher wie Herbstzeitlose, Herbst-Adonisröschen (sehr selten), Karde, Wiesenklee, Efeu, Wegwarte, Silphien…
Wenn man an bienenfreundlich denkt, denkt man zuallererst an farbenfrohe, Pflanzen mit großen vollen Blüten und Sträucher. Allerdings locken gerade Pflanzen mit unscheinbaren Blüten weitaus mehr Bestäuber mit reichlich Nahrung, wie zum Beispiel der Efeu. Gefüllte Blüten sind zwar schön für uns, bieten aber weder Pollen noch Nektar als Nahrung.
Wenige Insekten, hauptsächlich Honigbienen sind Generalisten und fliegen alle blühenden Pflanzen an. Die meisten Pflanzen sind auf bestimmte Bestäuber, auch Vögel oder Fledermäuse angewiesen, um sich vermehren zu können. So wie viele Tiere ganz bestimmte Halme zum Überwintern brauchen.
Pflanzen stellen nämlich nicht nur Nektar und Pollen bereit, Blattwerk und Halme erfüllen ebenfalls verschiedenste Zwecke. Blätter dienen als Nahrung, werden eingerollt und dienen als Nest, manche Schmetterlinge hängen ihre Puppen dort auf. Vertrocknete Halme dienen als Überwinterungsquartier. Nektar für Honigbienen und Bestäubungsleistung ist nur der kleine Teilbereich der uns zugute kommt.
In Zeiten, in denen der insektenfreundliche Lebensraum auf vielfältige Weise bedroht ist, zählt daher jede Unterstützung. Der großflächige Einsatz von Pestiziden, häufiges Düngen und häufiges Mähen setzt sowohl Tieren als auch Pflanzen zu. Private Gärten können daher als letzte Refugien wertvolle Dienste leisten.
Blumenwiese, Wildblumenwiese oder Schmetterlingssaum?
Wer eine (Wild-)Blumenwiese anlegen will sollte bedenken, dass zahlreiche Wildblumenmischungen vorrangig Honigbienen anziehen. Vorzuziehen sind daher möglichst naturnahe, regionale Saatgutmischungen. Was den spezialisierten Pflanzen und Insekten fehlt sind nicht so sehr Blumenwiesen, sondern Pflanzen und Tiere die selten geworden sind. Viele Tiere und Pflanzen sind voneinander abhängig – das eine gedeiht nicht ohne das andere.
Erste Schritte zur (Wild-)Blumenwiese
Damit die Wildblumen auch wirklich anwachsen muss vorher die Grasnarbe völlig entfernt werden. Wildblumen können sich gegenüber den dominanten Gräsern und vielen unempfindlichen Blumen wie dem Löwenzahn, Klee und Wegerichgewächsen kaum behaupten, hierbei ist Unterstützung notwendig, um Vielfalt aufrecht erhalten zu können.
Wie oft soll man eine Blumenwiese mähen?
Je nachdem wie lange die Wildblumen blühen sollte höchstens 2 mal gemäht werden. Damit wird sichergestellt dass die Blüten auch wirklich absamen und hoffentlich erneut austreiben können. Um überwinternde Insekten nicht zu stören, werden die vertrockneten Stauden (zum Beispiel bei Sida und Silphie) bis ins Frühjahr stehen gelassen. Das ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber erstaunlich viele Insekten überwintern in den Hohlräumen abgestorbener Stängel.
Weitere Tipps für mehr Artenvielfalt im eigenen Garten
Wer ausreichend Platz hat kann zwischen den niedrigen Wiesenblumen auch Wildstauden oder kleine Büsche pflanzen. Manche dieser Stauden sind altbekannt und haben sich gut in punkto Biodiversität im Garten bewährt: Aster, Duftnessel, Eisenkraut, Färberkamille, Johanniskraut, Minzgewächse, Kornblume, Disteln, Lavendel, Schafgarbe, Mädchenauge, Kokardenblume, Sonnenhut, Thymian, Wicken, Storchenschnabel uvam.
Pflanzenportrait: durchwachsene Silphie
Bestäubende Insekten sind in unserer intensive Landnutzung rückläufig. Häufiges Mähen, hohe Düngerkonzentration und der Einsatz von Herbiziden hat sowohl Pflanzen als auch Insekten dezimiert. Heute ist die Honigbiene der wichtigste Bestäuber gefolgt von Hummeln und solitär lebenden Wildbienen.
Die Vorzüge der Durchwachsenen Silphie liegen insbesondere in ihren Blüheigenschaften und dem mehrjährigen Bestand ohne notwendiger Bodenbearbeitung, wovon besonders Bodenorganismen profitieren und zur Verbesserung der Bodenqualität beitragen.
Sie stellt in ihrer Hauptblütezeit von August bis September, zu einer Zeit in der häufig gemäht und geerntet wird, große Mengen an Nektar und Pollen bereit, die von allen Nektar- und Pollenliebhabern gerne angenommen werden. Die Durchwachsen Silphie wird zwar hauptsächlich von nicht hochspezialisierten Bienen besucht, im Herbst aber, zur Zeit wo im Bienenvolk neue Arbeiterinnen produziert werden ist das Nektarangebot der Silphien besonders wertvoll. Ähnliches gilt auch für Hummeln.
Ein weiterer, weniger beachteter, aber nicht minderwichtiger Bestäuber ist die Schwebefliege. Für manche dieser Insekten bietet die durchwachsene Silphie ein spätes und daher besonders wertvolles Nahrungsangebot.
Es heißt zwar, dass Silphien auf trockenen Standorten gut zurecht kommen, allerdings gilt das erst für ältere Pflanzen. Junge Silphien reagieren auf Trockenheit mit weniger Blüten und entsprechend geringen Mengen an Nektar und Pollen, worunter die an ihren Nistplatz gebundenen Hummeln und Wildbienen leiden. Die jungen Silphien müssen in Trockenperioden daher regelmäßig gegossen werden um nicht in Trockenstress zu kommen.
Tierportrait: die Fledermaus
So wie allen Insektenfressern macht der Nahrungsmangel auch den Fledermäuse zu schaffen. Fledermäuse sind in der späten Dämmerung auf der Jagd nach fliegenden Insekten. Je artenreicher das Pflanzenangebot umso vielfältiger Nachtfalter und Mücken. Kleine Teiche sind besonders beliebt, über der Wasseroberfläche finden sie besonders viele Insekten und manchmal nehmen die Fledermäuse auch einen Schluck im darüber fliegen.
Nicht alle Fledermäuse suchen nach Insekten, manche bevorzugen den Nektar von nachtblühenden Pflanzen wie Nachtkerze, Leimkraut, Seifenkraut und Wegwarte.
Vielerorts fehlt es den Fledermäusen nicht nur am Nahrungsangebot, auch der passende Unterschlupf ist selten geworden. Viele Häuser sind rundum verbaut, alte Holzverschläge sind weniger geworden und Bäume mit passenden Astlöchern werden gefällt. Man kann den Fledermäusen helfen, indem man an geschützten Stellen Fledermauskästen oder ein Fledermausbrett anbringt.